Der richtige Outdoor-Schuh

Ein Gear-Review … und irgendwie doch nicht.

Ja wie jetzt? – Nun weil das mit Schuhen eben so ein spezielles Ding ist wie ich finde. Bevor ich euch also jetzt von meinem Schuh, den ich gerade auf Herz und Nieren teste, vorschwärme, ihr los lauft um ihn zu kaufen und ihn dann kacke findet, möchte ich ein paar generelle Dinge zu Schuhen los werden. Und da ich ein paar Jahre in meinem früheren Berufsleben für einen Schuhhersteller gearbeitet habe, denke ich, habe ich eine solide Kenntnis von der Thematik.

Der Bereich Outdoor-Schuhe wird wie so viele andere auch von einer Produktvielfalt überschwemmt, die kaum noch zu erfassen ist. Daher ist es nicht verwunderlich wenn die Frage aufkommt: „Welchen Schuh soll ich mir kaufen?“. Wie auch in anderen Bereichen sollte ich mich aber auch schon vorher fragen: „Was genau will ich mit dem Schuh machen? Welche Eigenschaften muss er also mitbringen?“.

Hat man diese Frage geklärt, hat man das Stresslevel des Verkäufers und das eigene schon um einiges reduziert.

Oft geistert einem dann bereits eine bestimmte Marke im Kopf herum. Etwa weil man die Werbung so toll war oder irgend so ein Typ wie ich im Internet gesagt hat: Die is super! Wenn ihr EUREN richtigen Outdoor-Schuh finden wollt mit dem ihr wirklich glücklich werdet, dann macht euch davon frei! Tut euch selbst den Gefallen.
Wieso das? Dazu muss man sich einmal anschauen wie Schuhe überhaupt gemacht werden. „Schuster bleib bei deinen Leisten!“, diese Redensart kennen bestimmt die Meisten von euch. Ein Leisten ist kurz gesagt ein stilisierter Fuß um den herum der Schuh in seiner Form zusammengebaut wird. Früher hat jeder Schuster sich seine eigenen Leisten für die verschiedenen Größen selbst angefertigt oder in Handarbeit anfertigen lassen und auch heute noch hat jede Firma ihre eigenen Leisten. Diese Form unterscheidet sich also von Hersteller zu Hersteller irgendwie ein wenig. Und auch die Füße der Menschen sind nicht genormt aus einem Guss. Daher leuchtet es einem ein, dass der Schuh der Firma X in der Größe Y nicht jedem mit der gleichen Größe auch gleich gut passt. Früher wollte ich z.B. immer einen Meindl Schuh haben. Tolle Schuhe, super Verarbeitung, top Materialien … haben mir leider nie gepasst.

Und das Wichtigste bei eurem Schuh ist nun mal, dass er passt! Da gibt‘s nichts dran zu rütteln. Als Kind, erinnere ich mich daran, kam beim Schuhe kaufen die immerwährende Frage „Passt der oder drückt’s irgendwo?“. Weil man irgendwann keine Lust mehr hatte NOCH einen hässlichen Treter anzuprobieren kam irgendwann ein „Nein, der passt!“. Klar, Schuhe muss man einlaufen und der Schuh passt sich mit der Zeit dem Fuß auch an. Das stimmt und ist auch gut so. Was aber damals bei den Turnschuhen nach einer kurzen schmerzlichen Zeit super funktioniert hat, sieht bei stabilen Wanderschuhen schon ganz anders aus. Die haben nämlich die Aufgabe den Fuß zu schützen und zu stützen und eben nicht so schnell nachzugeben. Achtet beim Anprobieren also sorgsamst darauf, ob der Schuh irgendwo scheuert oder drückt. Wenn es ein vernünftiger Schuh ist wird er das an dieser Stelle sehr lange tun. Erfahrungsgemäß hört die Freude am draußen sein bei blutigen Blasen und wunden Druckstellen sehr schnell auf. Probiert vom gleichen Schuh auch gern ein anderes Paar, denn Schuhe nähen ist nach wie vor Handarbeit und nicht immer sitzen alle Nähte exakt gleich.

Passform ist wichtig. Nichtsdestotrotz ist die Marke nicht ganz egal. Dabei meine ich jetzt nicht die eine ganz bestimmte Marke sondern vielmehr eine Art Marken-Niveau. Auch wenn man dabei etwas mehr Geld in die Hand nehmen muss, wählt euch einen Schuh von einem namhaften Hersteller aus. Und nein, Aldi, Lidl und Co. sind das nunmal nicht! Spart hier bitte nicht am falschen Ende! Eure Füße tragen euch durch die Welt und sollten es euch wert sein. Spart das Geld lieber an anderer Stelle. Wenn euch draußen auf Tour die Füße im Stich lassen, dann habt ihr ein Problem! Das is nun mal so.

Ein Aspekt der für mich auch noch dazu kommt ist die Nachhaltigkeit, die leider nach wie vor auch noch nicht alle Hersteller auf dem Schirm haben. Namhafte Hersteller der Outdoor-Branche sind da mittlerweile auf den Dreh gekommen, dass es auch eine betrachtenswerte Natur geben muss, wenn ich Artikel dafür verkaufen möchte; und dass es sich lohnt sich dafür einzusetzen. Faire Produktion, geringe Emissionen, ein langlebiges Produkt und die Möglichkeit für Reparatur und Neubesohlung spielen für mich auch keine unerhebliche Rolle.

Was sind dann nun namhafte Hersteller?

Zu den Marken die ich guten Gewissens empfehlen kann, weil die eben wissen was sie tun und eben diese Kriterien erfüllen, zählen:

Lowa®, eine der drei großen Marken, die seit 1923 die Entwicklung der Berg- und Wanderschuhe maßgeblich mit geprägt hat.
Auch schon lange im Geschäft. Hatte ich früher nie so richtig auf dem Schirm. Ein Traditionsunternehmen, das mittlerweile zum Fenix Konzern gehört.
Das Urgestein in Sachen Schuhe, dessen Wurzeln bis 1683 zurück reichen. Ein innovatives Unternehmen, das nach wie vor eigenständig ist und seine Wurzeln nie aus dem Blick verloren hat.
Logo LA SPORTIVA
La Sportiva, auf der „anderen“ Seite der Alpen angesiedelt ist der italienische Hersteller, der nach wie vor in Familienbesitz ist und dem Fokus auf Kletter- und Höhenbergschuhe hat.

Es gibt durchaus auch noch weitere und die Aufzählung erhebt auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie ist lediglich meine persönliche Erfahrung und Meinung.

Onlineshopping ist super, ich weiß … geht trotzdem in den Laden, lasst euch dort beraten und probiert die Schuhe an. Und das wichtigste: nehmt euch dafür Zeit! Wenn ihr einen Schuh gefunden habt, der nicht auf Anhieb irgendwo drückt, dann lauft damit gut und gerne mal eine viertel Stunde durch den Laden. Wenn der Verkäufer da nicht mitspielt, solltet ihr den Laden wechseln. Ein ordentlicher Fachhändler weiß worauf es beim Outdoor-Schuh-Kauf ankommt.

Fazit: Geht in den Laden, probiert die Schuhe an, nehmt euch Zeit, seid ehrlich zu euch selbst und spart nicht am falschen Ende.

Der richtige Schuh für mich …

… derzeit … für die meisten Gelegenheiten.
Kommen wir zum Teil mit dem Gear-Review. Letztes Jahr war es so weit. Meine heiß geliebten ordentlich eingelatschten und bereits neu besohlten LOWA® musste ich in den Ruhestand schicken, nach rund 10 Jahren Dienstzeit. Da sieht man mal wie Schuhe halten können wenn man nicht billig kauft. Sie waren u.a. in den Alpen, Schottland, Neuseeland und Irland mit dabei und ich hab sie nun wirklich nicht zimperlich behandelt. Nun war aber langsam das Obermaterial an ein paar Stellen so weit durch, dass das Wasser rein aber dank top Neubesohlung nicht mehr raus lief. Es mussten also neue her. 

Lange war ich der Meinung, dass an meinen Lowa-Fuß (das Thema mit den Leisten) auch nur ein solcher kommt … So lange wie meine geliebten LOWA® eben hielten. Versteht mich nicht falsch ich finde diese Marke auch immer noch klasse allerdings zeigte sich beim Gang zum Händler des Vertrauens, dass es keinen Schuh des Herstellers gab, der mich so recht zufrieden stellte. Mich auf meine Predigt vom Anfang besinnend, dann eben doch mal andere Marken durchprobiert. Siehe da, der Hanwag® Tatra II BB GTX saß ab dem ersten Moment wie angegossen.

Der neue Wegbegleiter, der Hanwag® Tatra II BB GTX in schwarz.

Durch und durch ein Schuh aus Echtleder, der bislang jeden Cent wert ist. Ich liebe das super durchdachte Schnürsystem. Der Schuh ist aussen komplett aus Echtleder, was mir wichtig war. Das verlangt zwar etwas sorgsamere Pflege, ist jedoch bei richtiger Behandlung auch deutlich langlebiger und robuster als künstliche Materialien. Zumal man sich seine Pflegeprodukte durchaus auch direkt aus der Wildnis beziehen kann. Beim Punkt Langlebigkeit war mir auch wichtig, dass sich der Schuh neu besohlen lässt. Die Sohle vom Top-Sohlenhersteller Vibram® verspricht zwar eine ganze Zeit zu halten, jedoch leidet diese je nach Untergrund auch unterschiedlich stark und ich hoffe dass der Schuh an sich noch eine ganze Ecke langlebiger ist … und da ist ja auch noch die Sache mit dem Lagerfeuer, einmal nicht aufgepasst … 🙂 Letztendlich wird das Thema Haltbarkeit nur die Zeit zeigen. Aktuell sind es Passform und Funktion über die ich mir eine Meinung bilden kann. Der Einsatz in Schnee, Matsch und Regen hat gezeigt, dass der Schuh absolut wasserdicht ist. Er ist extrem atmungsaktiv und dank der dicken Sohle bekommt man mit den richtigen Socken so schnell auch keine kalten Füße. Die Sohle ist auch nicht absolut flach, sondern hat eine leichte Anschrägung unter dem Ballen zu den Zehen hin. Diese Kippbewegung die der Schuh dadurch macht, ist anfänglich vielleicht etwas ungewohnt, erleichtert aber das Abrollen über die sehr feste Sohle und das bergauf gehen ungemein. Zudem ist es auch nur auf flachem, harten Untergrund und nicht im Gelände spürbar. Das Gewicht beträgt laut Hersteller 1,5 kg. Dazu sollte man wissen, dass solche Angaben als durchschnittlicher Wert für einen Schuh in Normgröße zu verstehen sind und je nach Schuhgröße natürlich variieren. Mein Paar wiegt bei Größe 44 1/2 ganze 1700 g.

Wie gesagt bin ich mit meinem neuen Wegbegleiter, den ich jetzt auch schon ein paar Monate in Benutzung habe, rundum zufrieden und kann ihn jedem, dem er passt empfehlen.

Der richtige Schuh ansonsten

Ein Schuh ist irgendwie auch ein Werkzeug mit einem Zweck. Wenn ich einmal nicht so viel Schutz und Unterstützung für meine Füße brauche liebe ich es Barfuß zu laufen und vertrete die Meinung, dass die Menschheit in Sachen Schuhevolution irgendwo falsch abgebogen ist …. nämlich da wo Absätze ins Spiel kamen, im Barock zur Mode und ohne Verständnis über deren Zweck und eigentlich Nutzen in den Alltag übernommen wurden.

Aber das ist ein Thema für einen anderen Tag …

Bleibt gesund … bleibt wild!